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Welcome to the Hompage von el-Mo - Antinazismus Infos
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Symbolischer Antinazismus
Von Moritz Kiefer |
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Foto: Archiv |
Der Kriminalbeamte, Opferschutzbeauftragter im Kreis Soest (NRW), und ex-MdB der Grünen engagiert sich nun bei der PDS.
Wiederholt haben sich die Justiz- und Innenminister der Länder auf ihren gemeinsamen Sitzungen mit dem Gewalt- und Rassismusphänomen befasst. Als Ergebnis werden regelmäßig Maßnahmenkataloge präsentiert, mit denen der Staat Flagge zeigen und fremdenfeindlichen Gewaltdelikten entgegentreten will. Der Erfolg ist über die Jahre jedoch spärlich geblieben.
Öffentlichkeitskampagnen wie »Fairständnis«, »Aufstand der Anständigen«, »Gesicht zeigen« oder der in diesem Monat angelaufene Kinospot »Mut proben« werden mit erheblichem finanziellen Aufwand inszeniert. Im Jahr 2002 sollen etwa 45,5 Millionen Euro dafür bereit gestellt werden. Die von Rechtsextremisten ausgehende Gefahr konnten solche Kampagnen teilweise medial überdecken, nicht aber vermindern. Ob sie zu mehr Zivilcourage geführt haben, muss zumindest fraglich bleiben: Nach wie vor ist von Fällen zu hören, in denen von Neonazis öffentlich angegriffenen oder bedrängten Menschen nicht beigestanden wird.
Die zweite Säule des regierungsamtlichen »Kampfes gegen Rechts« sind die repressiven und polizeilich präventiven Bekämpfungsstrategien, bei denen es um verschärfte Strafrechtsnormen und spezielle polizeiliche und verfassungsschützerische Maßnahmen geht. Dazu gehört auch der Einsatz von V-Leuten sowie der weniger in der Öffentlichkeit diskutierte Einsatz von Agenten der Geheimdienste in der rechtsradikalen Szene. Die Kosten dafür gehen ebenfalls in die Millionen. Da es sich um geheimdienstliche Maßnahmen handelt, sind diese Kosten öffentlich nicht im Einzelnen kontrollierbar. Dass sich die rechte Szene aus den »Staatsgeldern« finanziert hat, geben die V-Leute zu.
Nur ganz wenige Elemente staatlicher Programme verlassen diese beiden Muster. Strukturelle gesellschaftliche Entwicklungen, die ursächlich für Rechtsradikalismus sein können, werden aus dem »Kampf gegen Rechts« weitgehend ausgeklammert – von den zum Teil hilflosen Versuchen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit mal abgesehen. Dabei müssten genau diese Themen in die Staatsdebatte gegen Rechts einbezogen werden: die neoliberale Deregulierung der bundesdeutschen Gesellschaft, die forcierte Individualisierung, die Durchsetzung kapitalistischer Logik in nahezu allen Lebensbereichen, die Auflösung bestehender Sozialmilieus durch die deutsche Vereinigung, der Verlust an Orientierung durch die allseits beschworene Globalisierung. Im Gegenteil jedoch wird die »Modernisierung« – ein beschönigender Ausdruck für die Ohnmacht der Politik gegenüber der Wirtschaft – zum Zauberwort der Zukunftsfähigkeit erkoren. Nicht verwunderlich ist so, dass die Bekämpfung des Rechtsradikalismus zu einer Marketingsache gerät, um das Ansehen der Exportnation Deutschland zu fördern.
Dass Polizei und Verfassungsschutzbehörden weder rechtsextremistische Einstellungen verändern noch die Ursachen rechtsextremistischer Handlungen beseitigen können, ist kein Luxuswissen, über das die Politik nicht verfügt. Wenn dennoch überwiegend auf repressive und polizeipräventive Bekämpfungskonzepte gesetzt wird, geschieht das wider besseres Wissen und auch, um den staatlichen Werkzeugkasten rundum bereit zu halten. Der Polizei und den Verfassungsschutzbehörden wird ein weites Betätigungsfeld mit neuen Rechtsgrundlagen eröffnet. Diese sollen sich gegen Zielpersonen und deren Umfeld im Rechtsradikalismus richten. Allerdings sind die Ziele jederzeit austauschbar: Was zur Bekämpfung des Rechtsextremismus geschaffen wird, ist so unspezifisch, dass es z.B. auch gegen Globalisierungskritiker und andere Protestgruppen angewandt werden kann.
Hier liegt eine fundamentale Gefahr für die Bürgerrechte: Abscheu der demokratischen Öffentlichkeit gegenüber den rechtsextrem, rassistisch oder antisemitisch motivierten Gewalttätern sowie die dumpf-aggressiven Selbstinszenierungen der Rechten werden benutzt, um eine Akzeptanz für Grundrechtseingriffe und Überwachungsmaßnahmen zu schaffen. Die Vorstellung, Polizei und Verfassungsschutz werden es schon richten, wird so weiterhin gestützt. Der Widerspruch, dass couragierte Antifa-Gruppen, die gemäß der neuen Kampagne den »Mut proben«, nicht selten in den Medien in einem Atemzug mit gewaltbereiten Neonazis genannt und von den Behörden so behandelt werden, fällt nur wenigen auf.
Der staatliche Antifaschismus und die periodischen Aufrufe zu Zivilcourage sind weitgehend zu bloßer Symbolik verkümmert. Dies nicht so zu belassen, erfordert vor allem, den alltäglichen Rassismus, die Politik der Ausgrenzung und die miserablen sozialen, kulturellen und ökonomischen Bedingungen ins Zentrum der Diskussion zu rücken. Denn sie bilden den Nährboden des Rechtsextremismus, der durch den Abbau von Bürgerrechten nur zusätzlich gedüngt wird. |
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